Peter Sisseck Alte Reben neue Weinikone Peter Sisseck und der Flor de Pingus und PSI
Peter Sisseck: Spanischer Star-Önologe aus Dänemark

Peter Sisseck: Spanischer Star-Önologe aus Dänemark


Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass außergewöhnlicher Wein Peter Sisseck in den Genen liegt. Der 1962 in Kopenhagen geborene Däne ist schließlich der Neffe des legendären Weinmachers Peter Vinding-Diers. Seinem Onkel hat Sisseck dann auch seine vinophile Leidenschaft zu verdanken – und die Basis seines Könnens als Önologe. Denn 1983 ließ sich Peter Sisseck von seinem Onkel Vinding-Diers höchstselbst auf Château Rahoul in der Bordaiser Appellation Graves ausbilden. Da war Sisseck gerade einmal 21 Jahre alt - und hatte natürlich noch keine Ahnung davon, dass er mit dem Pingus einmal der Macher eines der berühmtesten Weine der Welt werden sollte. Oder dass er selbst als Star-Önologe überall auf der Welt gefeiert werden wird. Um diesen Erfolg zu verstehen, lohnt sich ein genauerer Blick auf die vinophilen Wurzeln Peter Sissecks.

Erste önologische Sporen und das Schicksalsjahr 19900

Dank seines Onkels war der gebürtige Däne quasi schon immer mit dem Bordeaux eng verbandelt. Eineinhalb Jahre saugte Sisseck das Wissen von Peter Vinding-Diers wie ein Schwamm auf. Diese Zeit, in der er die unterschiedlichen Bordeaux Wein-Stilistiken in- und auswendig kennenlernte, sollten später seine eigene Handschrift als Winemaker prägen. Doch 1984 ging es für den jungen Mann erst einmal zurück nach Kopenhagen, wo er Landwirtschaft studierte und Agraringenieur wurde, bevor es ihn für einige Zeit nach Kalifornien zog, wo er auf dem Weingut Simi mit der Önologin Zelma Long arbeitete. Auch sie sollte später zur Legende werden. Doch bevor sie bei Simi final für Aufsehen sorgte, trat Peter Sisseck seinen Weg zurück ins Bordeaux an. Dieses Mal heuerte er bei Château de Landiras in Graves an, wo sein Onkel inzwischen Önologe war. Hier bekam Sisseck dann final seinen Feinschliff als Weinmacher.

Und dann folgte das Schicksalsjahr 1990. Eigentlich wollte Sisseck zurück nach Kalifornien. Nämlich zu Ridge Vineyards, um genau zu sein. Sein Traum war es, auch einmal für eine Weinikone wie den Monte Bello – dem großen Bordeaux-Blend aus der neuen Welt – verantwortlich zu sein. Kaum war seine Bewerbung an Paul Draper raus, kam eine Anfrage herein, die Peter Sissecks Leben für immer ändern sollte. Sie kam von der Hacienda de Monasterio aus der Ribera del Duero. Man fragte ihn, ob er es sich vorstellen könne, das Weingut als technischer Direktor neu aufzubauen. Sisseck zögerte nicht eine Sekunde lang. Das war genau die Art von Herausforderung, nach der er gesucht hatte!

Peter Sisseck: Alte Reben, neue Weinikone

Also Tempranillo statt Cabernet Sauvignon! Sisseck zog nach Spanien – und kam direkt in einer nicht ganz so erfreulichen Realität an. Denn die Hacienda de Monasterio, die zwischen Pesquera und Valbuena de Duero liegt, besaß 1990 gerade einmal einen Weinberg. Es gab weder Geld noch ausreichend Technik, um das Weingut schnell auf das nächste Level zu heben. Aber: Die Spanier nahmen Peter Sisseck sehr freundlich auf. Und vielleicht noch wichtiger: Der junge Önologe verliebte sich sofort in das Potenzial der roten Rebsorte Tempranillo. Nach und nach fand er Weinberge, die seinen Ansprüchen genügten und erweiterte die Hacienda de Monasterio, deren Leiter er auch heute noch ist, auf beeindruckende 78 Hektar Rebfläche.

Nur zwei Jahre nach seiner Ankunft am Duero folgte für Peter Sisseck dann der nächste Schicksalsmoment. Denn in der Region La Horra entdeckte er in San Cristobal und Barrosso zwei kleine Weingärten mit 70 Jahre Tempranillo-Reben, die noch nie in ihrem Leben irgendwelche Dünger oder Pestizide gesehen hatten, weil sich die Bauern in der Region schlichtweg keinen synthetischen Pflanzenschutz leisten konnten. Sisseck kaufte beide Parzellen. Allerdings nicht für die Hacienda de Monasterio, sondern für sich selbst. Diese uralten und unbeeinflussten Reben waren genau das, was er gesucht hatte, um sein eigenes Ding zu machen. Er war sich sicher, dass die wenigen Trauben eine grandiose Weinqualität hervorbringen würden. 1995 dann die Gewissheit: Ja, der Wein, den er aus den Trauben gemacht hat, war gut. Sogar richtig, richtig gut. Er gab ihm den Namen Pingus - seinem eigenen Spitznamen aus Schulzeiten. Doch dann folgte erst einmal eine herbe Enttäuschung.

Peter Sisseck und die Pingus-Anfänge

Noch bevor er den ersten Jahrgang abfüllte, bot er einem spanischen Weinhändler 4.000 Flaschen an. Doch dieser wollte den Wein nicht haben. Der Preis sei viel zu hoch - und einem Dänen würde er diese horrende Summe schon einmal gar nicht zahlen. Aua! Doch Peter Sisseck war fest von der Pingus-Qualität überzeugt. Was aber tun, wenn ihn niemand verkaufen will? Er beriet sich mit seinem Onkel in Bordeaux. Auch dieser war von der Qualität begeistert. Ebenso wie andere Familienmitglieder und Freunde im Bordelais.

Gemeinsam beschloss man, dass man den Pingus en primeur anbieten sollte. Sprich: Der Wein sollte noch vor der Abfüllung verkauft werden. Und zwar für 135 Francs die Flasche – umgerechnet also 20,60 Euro. Ein absolutes Schnäppchen, wenn man bedenkt, dass der Wein schnell über 800 Euro kosten sollte – und es noch immer tut. Was den Pingus jahrelang zum teuersten spanischen Wein überhaupt machte. Aber wie kam es zu diesem rasanten Wertanstieg und den Hype, der quasi über Nacht um das Gewächs entstand? Dafür sind zwei ganz besondere Umstände verantwortlich.

Zum einen beschloss Peter Sisseck, ein paar Fassproben an Weinkritiker zu schicken. Punkte – vor allem hohe – schaden bei der Vermarktung eines Weins ja bekanntlich nicht. Eine Flasche ging damals auch in die Vereinigten Staaten nach Maryland - und zwar zu niemand Geringeren als Robert Parker höchstselbst. Und dieser war sofort begeistert. In seinem Wine Advocate schrieb er "Ich meine das absolut ernst, wenn ich sage, das dürfte der größte junge Rotwein aus Spanien sein, den ich je verkostet habe." Aus dem Stand heraus herhielt der Pingus von ihm 96-100 Punkte. Und das als Fassprobe! Der abgefüllte Wein bekam dann kurze Zeit später von ihm final 98 Punkte. Die beiden Kritiker René Gabriel und Stephen Tanzer gaben dem Wein sogar jeweils ihre Höchstnoten. Genau das war die Geburt des Icon-Weins. Plötzlich wollte jeder den Pingus haben. Peter Sisseck verkaufte den ersten Jahrgang innerhalb von zwei Tagen.

Von den 325 Kisten sollten 75 in die Vereinigten Staaten verschifft werden. Doch das Schiff sank vor den Azoren, die Weine ruhen bis heute auf dem Grund des Atlantik. Genau das war dann die Geburtsstunde der Legende namens Pingus. Immer wieder heimst diese Ikone bei den Weinkritikern dieser Welt Höchstnoten ein - und ist bei Sammlern rund um den Globus heiß begehrt.

Peter Sisseck und der Flor de Pingus und PSI

Um der Nachfrage einigermaßen Herr werden zu können, beschloss Peter Sisseck zusammen mit seinem Importeur aus den Vereinigten Staaten, einen Zweitwein zu machen: Flor de Pingus. Hierfür pachtete er 1999 die halbe Finca Villacreces samt Keller und produzierte den kleinen Pingus-Bruder dort bis 2003. Zwischenzeitlich gründete er mit Domino de Pingus ein eigenes Weingut und kaufte weitere Weinberge in La Horra. So konnte er die Produktionsmenge des Flor de Pingus von 6.000 auf 100.000 Flaschen steigern - wobei auch der Zweitwein bereits mit über 100 Euro zu Buche schlägt. Wie der Grand Vin strahlt auch der Flor de Pingus mit einer enormen Kraft und Eleganz sowie einer beeindruckenden Tiefe. Die kargen Steinanklänge mit ihrer puristisch-feingliedrigen Präzision ist indes dem Pingus allein vorbehalten.

Exklusiv für seinen amerikanischen Importeur füllt Sisseck übrigens noch eine Minimenge von 280 Flaschen eines anderen Weins ab. Dieser heißt Amelia und stammt aus einer kleinen Parzelle, die 1895 gepflanzt wurde. Wie alle anderen Weingärten von Peter Sisseck wird auch diese Parzelle konsequent nach biodynamischen Prinzipien bewirtschaftet. Nicht ganz so exklusiv wie bei Pingus oder Amelia, dafür trotzdem mit höchstem Qualitätsanspruch, geht es beim Wein PSI zu, den Peter Sisseck unter dem Label Bodegas y Viñedos Alnardo vermarktet. Die Trauben stammen von Vertragswinzern aus dem Norden und Osten von Aranda de Duero. Sissecks eigentliche Intention hinter dem Wein war, die alten Reben der Region zu retten, indem er den Winzern eine wirtschaftliche Perspektive bot.

Er bezahlt bis heute aber nicht nur gute Preise für die Trauben, sondern steht den Familien auch beratend mit seinem geballten Fachwissen zur Seite. Extra dafür gründete er sogar eine Weinbauschule, um sein Know-how weiterzugeben. Inzwischen bewirtschaften 500 Weinbauern 841 Parzellen für den PSI, von dem jährlich 320.000 Flaschen zu einem sehr fairen Preis auf den Markt kommen. Der Wein selbst glänzt mit einer typischen Tempranillo-Fruchtigkeit, die hier aufgrund der alten Reben mit einer enormen Tiefe und Konzentration gepaart ist.

Peter Sisseck und das Château Rocheyron

Trotz seines hohen Engagements in der Ribera del Duero bestanden bei Peter Sisseck all die Jahre aber auch enge Kontakte ins Bordeaux. Nicht zuletzt wegen seines Onkels. Zudem präsentierte er seinen Pingus all die Jahre nach wie vor in der En-Primeur-Woche dort der internationalen Fachwelt. Zudem war und ist er eng mit Jean-Luc Thunevin vom Château Valandraud befreundet. Thunevin gilt als einer der großen Pioniere der sogenannten Garagisten-Bewegung in Saint-Émilion, die zeitgleich wie der Pingus für Aufsehen sorgte. Immer wieder trieb es Peter Sisseck also ins Bordelais.

Kein Wunder, dass er dort dann auch seit 2010 als Önologe aktiv ist. Seitdem betreibt er nämlich gemeinsam mit dem Schweizer Silvio Denz, den er in seiner Funktion als beratender Önologe beim katalonischen Weingut Clos d’Agon kennenlernte, das Château Rocheyron in Saint-Christophe-des-Bardes in der Appellation Saint-Émilion. Für Sisseck ging damit eine weitere Herzensangelegenheit in Erfüllung. Nämlich ein klassisches Gewächs zu erzeugen, dass sich mit allen Aromen vollkommen der Bordeaux-Tradition verpflichtet. Allerdings erkennt man auch hier die ebenso elegante wie präzise Sisseck-Handschrift mit jedem Schluck.

Neue Sherry-Ikone von Sisseck

Nun fehlte nur noch eine Sache im Repertoire von Peter Sisseck. Ein Weißwein. Denn all seine Ikonen waren eben konsequent Rotweine. Sissecks Meinung nach braucht es für einen Weißwein das richtige Terroir. Und das war für sein Vorhaben so in der Ribera del Duero nicht zu finden. In Jerez indes schon. Sie ahnen es: Sisseck wollte einen Sherry machen! 2017 tat er sich mit Carlos del Rio González-Gordon von der Sherry-Dynastie González Blass zusammen, mit dem er übrigens auch schon seit 1992 die Hazienda de Monasterio leitet. Die beiden Weinlegenden erwarben rund zehn Hektar Weingärten im Pago Balbaína unweit von El Puerto de Santa Maria und übernahmen die Solare des Fino Camborio von Angel Zamorano von der Bodegas Juan Piñero.

Önologischer Berater ist der legendäre Ramiro Ibáñez, der die besten 65 Botas für die Kreation des neuen Fino Camborio selektioniert hat. 2020 kam der erste Sherry Dino Via Corrales des nun Bodega San Francisco Javier heißenden Gemeinschaftsprojekts auf den Markt - und dieser heimste direkt 96 Parker-Punkte ein. Sie sehen: Ob nun Ribera del Duero, Jerez oder Bordeaux, Sherry oder Rotwein - Peter Sisseck macht einfach keine halben Sachen!

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