Unterschied zwischen nördlicher und südlicher Rhône

Unterschied zwischen nördlicher und südlicher Rhône

Am besten kann man sich dem französischen Anbaugebiet Rhône nähern, wenn man an ein sehr ungleiches Geschwisterpaar denkt. Sie gehören schon irgendwie zusammen, sind dabei aber grundverschieden. Auf gut 200 Kilometern entlang der Rhône erstrecken sich die beiden Anbaugebiete fur Rhone Wein zwischen Vienne und Avignon mit einer Gesamtrebfläche von gut 61.000 Hektar. Als Grenzstädtchen dient quasi Valence. Hier endet die nördliche Rhône mit ihren schroffen hängen und die etwas flachere und homogenere südliche Rhône beginnt. Die Weine von Nord und Süd sind ebenso unterschiedlich wie die Landschaft. Aber warum ist das so? Reisen wir einfach mal vom Norden in den Süden und schauen uns die Eigenarten an.

Geografie und Klima der nördlichen Rhône

Im nördlichen Teil der Rhône ist das Tal, durch das der namengebende Fluss mäandert, sehr eng. Und sehr steil. Die meisten Weinberge liegen nahe am Fluss - in der Regel konsequent nach Süden ausgerichtet - an extrem steilen Hängen. Hier kann die Sonne vor allem an den Sommermittagen ihre volle Wirkung entfalten. Und das ist auch gut so. Denn das Klima an der nördlichen Rhône ist eher kontinental geprägt - mit bitterkalten Wintern und warmen Sommertagen.

Dass vor allem im Sommer Sonne und Hitze gerne gesehen sind bei den Winzern, ist der Parade-Rebsorte der nördlichen Rhône zu verdanken: Syrah. Die rote Traube hat eine dicke Schale, wodurch sie ordentlich Sonne und Wärme braucht, damit sie zuverlässig ausreift. Manchmal wird das von dem kalten Nordwind Mistral etwas erschwert. Aber genau deswegen sind die Weinberge gen Süden ausgerichtet. Sollte der Mistral mal ein wenig zu heftig pfeifen (was an der nördlichen Rhône zum Glück nicht sooooo häufig vorkommt), dann sind die Reben einigermaßen geschützt.

Geografie und Klima der südlichen Rhône

Von diesem Schutz können die Reben an der südlichen Rhône nur träumen. Wo die steilen Hänge fehlen, kann der Mistral kräftig über die sanfte Hügellandschaft an der südlichen Rhône blasen. Ganz so schlimm, wie sich das erstmal anhört, ist es zum Glück aber nicht. Denn an der südlichen Rhône herrscht kein kontinentales, sondern ein mediterranes Klima. Das Mittelmeer ist hier nicht mehr so weit entfernt. Dadurch sind die Winter deutlich milder. Also außer an den Tagen, an denen der Mistral hier dann richtig krass wütet. Und das kommt durchaus regelmäßig vor.

Im Sommer brutzeln die Reben hingegen förmlich in der Sonne – immer konsequent durch einen starken Wind belüftet. Für die Rebsorte Syrah ist dieser sehr konstante Wind etwas zu viel des Guten. Die Traube gibt es zwar auch an der südlichen Rhône, aber eben nur in den einigermaßen windgeschützten Appellationen. Platzhirsch ist hier ohne Frage Grenache. Die Rebsorte kommt bestens mit Wind und Hitze aus. Man muss fairerweise aber hinzufügen, dass die Winzer mit extra gepflanzten Bäumen und Büschen auch der Grenache bewusst etwas Sturmschutz gönnen. Geografie, Klima und die beiden unterschiedlichen Hauptrebsorten sind wahrlich nicht alles, was die beiden Weinregionen-Geschwister voneinander trennt. Werfen wir also mal einen Blick auf die Böden.

Böden und Weine der nördlichen Rhône

Dafür müssen wir zunächst aber noch mal einen kurzen Blick auf die allgemeine Geografie werfen. Die Rhône bahnt sich nämlich ihren Weg zwischen dem Zentralmassiv auf der einen und den Ausläufern der Alpen auf der anderen Seite. Das hat auch Auswirkungen auf die Böden. An der nördlichen Rhône überwiegt eine Granitunterlage mit vulkanischem Ursprung, die sie dem Zentralmassiv zu verdanken hat. Dieser Boden sorgt für eine sehr gute Drainage. Was nicht unwichtig ist. Denn viele Weinberge hier sind terrassiert. Bei starkem Regen könnte sich das Wasser stauen. Doch dank des durchlässigen Bodens ist das eben nicht der Fall.

Der vulkanische Granitboden sorgt übrigens für viele mineralische und auch rauchige Anklänge in den Weinen. Genau dadurch ist ein Syrah von der nördlichen Rhône quasi unverwechselbar. Zwar haben auch diese Gewächse fruchtige Anklänge von dunklen Pflaumen oder Schwarzkirschen, aber es ist eben auch immer etwas sehr Mineralisch und Vegetabiles dabei. Schwarze Oliven im Abgang sind zum Beispiel auch sehr typisch. Mal ganz davon abgesehen, dass ein junger Syrah von der nördlichen Rhône noch ein echter Rebell im Glas sein kann: Stürmisch, ruppig und ziemlich wild. Dafür kann er perfekt reifen und entwickelt im Alter in der Regel eine sehr vornehme Eleganz und Raffinesse.

Böden und Weine der südlichen Rhône

An der südlichen Rhône ist das Tal deutlicher breiter. Hier prägen die Alpen die Böden, die etwas vielfältiger sind. Von Kalkstein über Sand bis Lehm ist alles dabei. Zudem haben die ehemaligen Gletscher viele Steine im Mutterboden hinterlassen. Diese Steine unterstützen die Drainage und speichern hervorragend die Wärme. Wie diese Steine wirken, kann man an der südlichen Rhône bestens in der Appellation Châteauneuf-du-Pape erkennen, wo sie an vielen Stellen an die Oberfläche treten.

Grenache entwickelt auf den unterschiedlichen Böden eine sehr intensive und fruchtige Aromatik. Doch weil an südlichen Rhône vor allem Cuvées üblich sind, ist es schwierig, die Weine von hier auf einen bestimmten Stil herunterzubrennen. Da es an der südlichen Rhône aber wesentlich wärmer als im Norden ist, kann man schon sagen, dass die Weine viel kräftiger sind und auch mehr Alkohol haben. Aber schauen wir uns die Appellationen bzw. Crus aus Nord und Süd einfach mal genauer an, um die unterschiedlichen Stile besser zu erkunden.

Norden: Côte-Rôtie, Condrieu

Wenn es um das Prestige geht, hat der Norden der Rhône die Nase eindeutig vorn. Immerhin finden wir hier so ehrwürdige Appellationen wie Côte-Rôtie, Condrieu und natürlich Crozes-Hermitage und Hermitage. Deren Gewächse haben allesamt bereits Weltruhm erlangt, sind dabei aber auch herrlich unterschiedlich.

Der Syrah aus Côte-Rôtie (übersetzt "gerösteter Hang", weil hier die Sonne so extrem auf den Hang scheint) etwa ist sehr körperreich und würzig, hat aber auch eine florale Frische und eine sehr elegante Textur. Diese Weine bestehen übrigens traditionell nicht zu 100% aus Syrah. Denn für einen Côte-Rôtie ist es üblich, bis zu 20% Viognier hinzuzufügen. Die kraftvolle weiße Traube balanciert die rote Gewächse herrlich raffiniert aus. Reisen wir vom nördlichsten Zipfel des Anbaugebiets ein wenig weiter gen Süden, ist Condrieu einen genaueren Blick wert. Hier ist mit reinsortigem Viognier Weißwein Trumpf. Vor allem die Gewächse, die von alten Reben hervorgebracht werden, lassen einen mit ihrer Kraft und tiefgründigen Komplexität regelmäßig staunen.

Crozes-Hermitage und Hermitage

Mit Crozes-Hermitage und Hermitage kommen wir zu einer kleinen Besonderheit der nördlichen Rhône. Denn diese beiden Appellationen liegen als einzige am rechten Rhône-Ufer. Crozes-Hermitage schmiegt sich mit sehr heterogenen Böden nördlich und südlich an den Hermitage. In beiden Crus dominiert Syrah, der jeweils mit bis zu 15% Marsanne oder Roussnne verschnitten werden darf. Hier ist also auch ein Schuss Weißwein erlaubt. In Crozes-Hermitage dürfen zudem aber auch noch reine Weißweine erzeugt werden.

Der Star ist aber Syrah, der hier sehr konzentriert, komplex und tannenstark daherkommen kann. Die roten Gewächse der Hermitage sind indes die körperreichsten Weine der gesamten nördlichen Rhône - mit einem gigantischen Alterungspotenzial. Das Besondere hier: Die Erzeuger haben in dem Hermitage damit begonnen, die Weine nach einzelnen lieux-dits, also Parzellen bzw. Mini-Einzellagen, zu vinifizieren. Dadurch ist die Herkunft noch besser schmeckbar.

Süden: Châteauneuf-du-Pape

Anders als im Norden, verteilen sich die Appellationen an der südlichen Rhône rechts und links vom Ufer der Flusses - und reichen auch mehr ins Binnenland hinein. Allerdings findet man die bekanntesten Appellationen am rechten Ufer. Was uns nahtlos zur großen Prestige-Appellation des Südens bringt. Châteauneuf-du-Pape. Hier, wo einst Päpste ihre Sommerresidenz hatten (daher auch der Name), entstehen wohl die berühmtesten Weine des gesamten Rhône-Tals.

Für einen Châteauneuf-du-Pape dürfen Winzer bis zu 13 Rebsorten verwenden, weswegen es keine einheitliche Stilistik gibt. In der Regel sind die Cuvées aber von Grenache geprägt – meist in Verbindung mit Syrah und Mourvèdre. Die Rebsorten schenken den Weinen ein extra langes Reifepotenzial sowie eine fruchtige Opulenz, die die Gewächse überall auf der Welt berühmt gemacht hat.

Gigondas

Nicht minder beeindruckend sind auch die roten Gewächse aus der Appellation Gigondas. Bis vor einigen Jahren war Gigondas nur einigen Insidern in der Weinwelt bekannt. Doch inzwischen hat es sich herumgesprochen, dass die Weine von hier ein sehr ähnliches Potenzial wie die aus Châteauneuf-du-Pape haben. Meist findet man in den Gigondas-Gewächsen sogar noch ein klein wenig mehr Charme und Raffinesse.

Da man die Weine der südlichen Rhône aufgrund ihrer Vielfalt nicht auf einen Geschmacksnenner herunterbrennen kann, wie es etwa an der nördlichen Rhône mit ihren verschiedenen Appellationen und Crus der Fall ist, versuchen wir an dieser Stelle auch nicht, die Weine in Schubladen zu stecken, die eigentlich viel zu klein für sie sind. Denn die Gewächse aus dem Süden der Rhône sind tatsächlich so unterschiedlich und divers, dass sich ausgiebige Entdeckungstouren im Glas mehr als lohnen.

Côtes du Rhône verbindet Norden und Süden

So unterschiedlich die nördliche und südliche Rhône als vinophiles Geschwisterpaar auch sein mögen, gibt es doch etwas, das sie als Wein-Familie eint. Nämlich die generische Appellation Côtes du Rhône, die sich sowohl im Norden wie auch im Süden finden lässt. Wobei allein an der südlichen Rhône knapp die Hälfte der gesamten Rebfläche ausschließlich Côtes-du-Rhône-Weinen vorbehalten ist. Die meisten Weine sind einfach und fruchtig und haben einen charmanten Trinkfluss.

Etwas höherwertiger und ernsthafter sind die Côtes du Rhône Villages, für die noch einmal strengere Produktionsregeln gelten. Bei einem Côtes du Rhône Village müssen zwingend Grenache, Syrah und Mourvèdre als Trauben die Hauptrollen spielen. Die Weine sind etwas tiefgründiger und komplexer, aber noch nicht so opulent oder vielschichtig wie etwa ein Châteauneuf-du-Pape. Sie bilden damit den idealen Einstieg in die Welt der Rhône-Gewächse. Die wahrhaft großen Qualitäten stammen aber allesamt aus den unterschiedlichen Appellationen und Crus der nördlichen und südlichen Rhône.

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