Genau das fand man zu diesem Zeitpunkt in Pinot Noir. Allerdings nicht die Gewächse aus Oregon. Die waren nach wie vor nur etwas für echte Kenner und Liebhaber. Die Weinwelt an sich blickte aber auch hier gen Kalifornien. Hier hatte es 1947 ja schon der legendäre Önologe André Tchelistcheff geschafft, aus seinem Beaulieu Vineyard einen Pinot Noir zu zaubern, der einen Vergleich mit feinsten Gewächsen aus dem Burgund nicht zu scheuen brauchte.
Doch bis in die 1970er-Jahre hinein waren solche eleganten Pinot Noirs aus Kalifornien tatsächlich eher eine Seltenheit. Denn man pflanzte die Rebsorte an warmen Plätzen direkt neben Cabernet Sauvignon oder Zinfandel. Letztere mögen Wärme und Sonne lieben. Pinot Noir indes nicht. Sie braucht es gemäßigt, um ihre wahre Pracht zu entfalten.
Wie Pinot Noir an die Küste und an Flüsse kam
Schon Tchelistcheff stellte fest: „Gott schuf Cabernet Sauvignon, der Teufel Pinot Noir.“ Wobei Tchelistcheff die berühmte Rebsorte damit nicht verteufelt wissen wollte. Nur eben den Umgang mit der Diva aller Trauben im Weingarten. Pinot Noir mag es nicht zu kühl und nicht zu warm, nicht zu feucht und nicht zu trocken. Viel Ertrag führt zu dünnen Weinen, eine zu späte Lese zu pappig-süßen Gewächsen. Und vom Holzausbau will sie auch nicht zugekleistert werden, weil sie sonst wie ein Clown auf Zuckerdrogen schmeckt. Da kann man schon viel falsch machen.
Genau das fand bis in die 1970er-Jahre dann leider verstärkt in Kalifornien statt. Doch dann kam es zum Glück zu einem Umdenken. Beziehungsweise zu einem Ortswechsel. Denn die Winzer kapierten endlich, dass Pinot Noir an der Küste bessere Resultate hervorbringt als im Landesinneren. Plötzlich pflanzte man in Santa Barbara, Monterey und Mendocino Pinot Noir an. Auch in Sonoma fand die Rebsorte am Russian River ideale Bedingungen.
Ein Film rettet Pinot Noir in den Vereinigten Staaten
Ja, die Gewächse waren anfangs noch etwas üppig. Und gerade einen Pinot Noir vom Russian River erkennt man auch heute noch dank seiner dezenten Coca-Cola-Note direkt auf den ersten Schluck. Aber die Weine glänzen eben mit feiner denn mit aufgepumpter Frucht. Ein großer Vorteil für die Rebsorte. Nur eben leider nicht für die Amerikaner. Die opulenten und alkoholstarken Chardonnays hatten sie über – mit den feinen und schlankeren Pinot Noirs konnten sie dann aber auch nur bedingt etwas anfangen. Nach dem ersten Hype Anfang der 1990er-Jahre nahmen die Verkaufszahlen stetig ab.
Als im Jahr 2004 der Film „Sideways“ in die Kinos kam, führte Pinot Noir ein Nischendasein. Was sich dank Miles Ode an die Rebsorte dann aber schlagartig änderte. Gerade sein Loblied auf die Feinheit des Pinot Noirs ließ die amerikanischen Weinliebhaber noch einmal über ihren Geschmack nachdenken. Oder auch nicht. Jedenfalls wollte man in den Vereinigten Staaten jetzt unbedingt ganz viel feinen und eleganten Pinot Noir. Vorzugsweise aus Kalifornien. Hier wuchs die Rebfläche nach dem Film von 8.000 auf 11.000 Hektar an. Wobei sich auch schnell herumsprach, dass aus Oregon ebenso filigrane Gewächse stammen.