Clos de Vougeot: Ursprung aller Terroir-Weine?

Clos de Vougeot: Ursprung aller Terroir-Weine?

Mit Superlativen ist man beim Wein ja schnell bei der Hand. So lassen sich Gewächse jeglicher Qualität und Farbe eben am besten vermarkten. Aber auch im Weinbereich gibt es Superlative, die historisch gewachsen und dementsprechend mehr als verdient sind.

Gleich ein paar Superlative gehen auf den historischen Buckel des Clos de Vougeot in den Cotes de Nuits nördlich von Beaune. Mit seiner knapp 51 Hektar umfassenden Rebfläche ist er nämlich der größte Grand Cru im Burgund. Zudem ist er der größte Clos (ein von einer Steinmauer umfasster Weingarten) der Welt. Und dann ist er auch noch der erste Versuchsweinberg der Menschheit. Uff. Das sind ja schon fast Superlative der Superlative. Aber alle Drei sind eben auch tatsächlich historisch gewachsen. Schauen wir uns das einfach mal genauer an.

Viele der besten Weine der Welt sind Burgunderweine, unter anderem vom Clos de Vougeot. Denn welcher Weinliebhaber kennt nicht die Domänen Faiveley mit ihrem hoch bewerteten Clos de Vougeot, Domaine d'Eugenie, früher bekannt als Rene Engel, Jean Grivot und Laurent Ponsot von der berühmten Domaine Ponsot? Um nur einige zu nennen.

Schauen wir uns das einfach mal genauer an.

Clos de Vougeot: Mönche erschaffen eine Legende

Im Jahr 1098 pflanzten die Zisterziensermönche des nahegelegenen Klosters von Cîteaux die ersten Pinot-Noir-Reben in den höchst heterogenen Boden von Vougeot. Parzelle um Parzelle entstand so. Sie rodeten und pflanzten mit einer großen akribischen Hingabe, erbauten ein schlichtes, doch hoch funktionales Keltergebäude in die Mitte des Weinbergs und errichteten schließlich die Steinmauer. Es war die offizielle Geburtsstunde des Clos de Vougeot. Womit die ersten beiden Superlative geschaffen wurden.

Doch damit nicht genug! Die Mönche untersuchten das Kleinklima innerhalb der einzelnen Parzellen ebenso wie die Wachstumsbedingungen der unterschiedlichen Pinot-Noir-Spielarten, die sie pflanzten. Und natürlich auch die verschiedenen Bodenarten. Von denen gibt es im Clos de Vougeot eine Menge. Der Untergrund ändert sich tatsächlich alle paar Meter. Das Mischungsverhältnis von Lehm und Kalk, die Tiefgründigkeit – Faktoren, die innerhalb der meisten anderen Grand-Cru-Lagen im Burgund recht homogen sind, sind hier einer großen Vielfalt unterworfen. All das war Gegenstand der Zisterzienser-Untersuchungen. Laut einer Legende sollen die Mönche die unterschiedlichen Bodenarten sogar verkostet haben, um sie besser zu verstehen.

Bis heute haben die Forschungsergebnisse der Zisterzienser bestand. Generell kann man sagen, dass der obere Teil des Clos de Vougeot, wo seit 1551 das Schloss steht, die Böden besonders mager und reich an Kalkstein sind. Unten, wo inzwischen die Nationalstraße entlangführt, überwiegen indes lehmige und schwere Böden, in denen sich Feuchtigkeit sehr leicht stauen kann. Doch auch hier finden sich Kalkadern.

Aus einem mach viele: Clos de Vougeot zersplittert

Der Clos de Vougeot ist also ein echtes Boden-Mosaik, das erstmals von den Mönchen klar katalogisiert wurde. Die Mönche gingen aber noch einen Schritt weiter. Denn sie experimentierten mit den Trauben der verschiedenen Parzellen und assemblierten aufwendige Cuvées, um den Terroir-Charakter in den Weinen unterschiedlich darzustellen. Eine echte Meisterleistung, von der heute leider nichts mehr übrig ist. Denn nach der Säkularisierung im Zuge der Französischen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts, gingen die Parzellen in Privatbesitz über. Aufgrund des burgundischen Erbfolgerechts zersplitterte der Besitz immer mehr und mehr. Heute bewirtschaften zwischen 70 und 90 Winzer – je nachdem, welcher Quelle man glauben mag, den Weinberg.

Und weil Winzer nun einmal nicht gemeinsam Wein bereiten, entstehen die Clos-de-Vougeot-Gewächse inzwischen nur noch aus einzelnen Parzellen. Den übergeordneten Terroir-Gedanken der Mönche kann so niemand mehr auf die Flasche bringen. Doch trotzdem lebt der Forschergeist der Zisterzienser im Clos de Vougeot weiter. Was dann etwas mit dem Château zu tun hat, welches Dom Loisier, der achtundvierzigste Abt von Cîteaux, im Jahr 1551 rund um die bereits bestehenden Kelteranlagen errichten ließ. Ursprünglich nur als Prunkbau gedacht, drohte das Château im Laufe der Jahrhunderte zu verfallen.

Besitzerwechsel inklusive

Mehr als drei Jahrhunderte und eine Revolution später, gingen das Château sowie der Clos de Vougeot in private Hände über. Wobei die Besitzer immer wieder wechselten. Erst 1818 kam etwas Ruhe hinein, als der Bankier Gabriel-Jules Ouvrard Schloss und Weingarten kaufte. Nur ein Jahr später erwarb er auch die benachbarte Weinlage Romanée-Conti, aber das nur am Rande. Nach seinem Tod wurde der Clos de Vougeot auf seine drei Erben aufgeteilt, aber weiterhin als Ganzes bewirtschaftet. Im Jahr 1882 wurde der Weinberg schließlich von der Reblaus zerstört und später neu bepflanzt. 1889 übernahmen sechs burgundische Weinhändler den Besitz. Womit die Aufsplittung des Clos de Vougeot dann seinen Lauf nahm.

Dass das Schloss, das inzwischen wieder zu verfallen drohte, heute noch prachtvoll glänzt, ist auch einem dieser drei Weinhändler zu verdanken. Denn Léonce Bocquet kaufte nicht nur ein paar Hektar Rebfläche, sondern gleich auch noch das komplette Château, das er aufwendig restaurieren ließ. Was ihn an den Rand des Bankrotts brachte, weil er einen rechten starken Hang zum Prunk hatte. Doch irgendwie schaffte er es dann doch, den Wiederaufbau zu finanzieren. Als Dank trägt die Zufahrt zum Château seit 2013 seinen Namen. Nach seinem Tod fand Bocquet übrigens im Clos de Vougeot seine letzte Ruhestätte – so groß war seine Liebe zu dieser außergewöhnlichen Lage.

Das Château du Clos de Vougeot und die Confrérie des Chevaliers du Tastevin

Nach Bocquet wurde Etienne Camuzet im Jahr 1920 der neue Besitzer des Schlosses. Als Winzer, Parlamentsabgeordneter und Bürgermeister von Vosne-Romanée lag auch ihm das Château, das die Region derart prägte, am Herzen. Von 1930 an stellte er das Schloss der Confrérie des Chevaliers du Tastevin, einer Bruderschaft, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Image und die Vermarktung der Burgund-Weine zu fördern, zur Verfügung. Am 29. November 1944 verkaufte Camuzet das Gebäude an die neu gegründete Gesellschaft Société Civile des Amis du Château du Clos de Vougeot, die der Confrérie ein 99-jähriges Nutzungsrecht gewährte.

Genau dieses Recht wird von der Confrérie des Chevaliers du Tastevin seitdem sehr effektiv genutzt. Am 16. November 1948 hielt die Bruderschaft im Schloss das erste Chapitre de la Résurrection ab, also eine offizielle Mitgliederversammlung mit anschließender Gala, auf der dann internationale Persönlichkeiten gefeiert wurden, die sich um das Burgund und dessen Weine verdient gemacht haben. Diese Chapitres finden bis heute mehrmals im Jahr statt. Ganz allein nutzt die Bruderschaft das Château du Clos de Vougeot aber nicht mehr. Denn das Schloss, das seit 1949 den Status eines historischen Denkmals trägt, ist heute das ganze Jahr über für die Öffentlichkeit zugänglich.

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Zudem ist das Château du Clos de Vougeot seit dem 4. Juli 2015 der offizielle Sitz der Climats, wie man Weinparzellen im Burgund nennt, die an diesem Tag nach einer zehnjährigen Kampagne in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen wurden. Das ausgerechnet das Schloss zum Climat-Zentrum gekürt wurde, hängt zum einen damit zusammen, dass der Clos de Vougeot selbst 16 der insgesamt 1.247 Climats beherbergt. Zum anderen haben der Clos und das Schloss im Laufe der Jahrhunderte nichts von ihrem Prestige eingebüßt. Beide stehen sinnbildlich für alles Edle aus der Weinregion Burgund.

Das liest sich jetzt schon alles sehr ehrwürdig und dementsprechend beeindruckend, oder? Nun, das ist es auch. Ohne den Clos de Vougeot wäre das Burgund nicht derart berühmt, wie es heute eben ist. Und trotzdem hat man vor allem im Château du Clos de Vougeot auch seinen Sinn für Humor und den Hang zur Leichtigkeit des Seins nicht verloren. Anlässlich des Welttags des Eis findet so zum Beispiel seit 2019 jährlich am 11. Oktober auf dem Schloss die Weltmeisterschaft für die besten Oeufs en meurette statt. Bei Oeufs en meurette handelt es sich um ein burgundisches Nationalgericht, für das man Eier pochiert und dann entweder in einer Meurette- oder aber in einer Bourguignon-Sauce serviert. Es versteht sich von selbst, dass zu diesem Gericht am besten ein Pinot Noir passt. Vorzugsweise aus dem Clos de Vougeot. So schließt sich der Kreis.

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