10 Dinge, die Sie über Egon Müller wissen sollten

10 Dinge, die Sie über Egon Müller wissen sollten

In Deutschland gelten die Weine von Egon Müller nach wie vor als Insider-Tipp, während sie international inzwischen schon längst zu Legenden geworden sind. Und das aus gutem Grund. Schließlich kam 2015 während einer Auktion die Scharzhofberger Riesling Trockenbeerenauslese 2003 für sage und schreibe 12.000 Euro unter den Hammer. 12.000 Euro pro Flasche, wohlgemerkt! Was dann diese TBA zum teuersten Wein Deutschlands macht.

Wer verbirgt sich hinter solch legendären Weinen? Was macht sie eigentlich so besonders? Und kann man sich die Weine von Egon Müller auch als Normalsterblicher leisten? All diesen Fragen widmen wir uns jetzt!

1. Ist Egon Müller ein Winzer oder ein Weingut?

Beides! Allerdings haben Winzer wie auch Weingut jeweils einen Namenszusatz. Seit 1991 leitet Egon Müller IV. das Weingut Egon Müller – Scharzhof in dem beschaulichen Örtchen Wiltingen an der Saar. Gegründet wurde der Betrieb bereits im Jahr 1797, als ein Müller-Vorfahre die Rebflächen während der Nachwehen der Französischen Revolution von einem dort ansässigen Kloster übernahm. Der Betrieb hieß zuerst Bien national, wurde dann aber von Egon Müller I. in Scharzhof umgetauft – benannt nach der Lage Scharzhofberger, in der die Familie bis heute die besten Parzellen auf insgesamt sieben Hektar besitzt.

Es war Egon Müller III, der nach dem Zweiten Weltkrieg den Grundstein für die hohen Weinqualitäten legte, die sein Sohn Egon Müller IV. dann letztlich derart perfektionierte, dass die Weine inzwischen zu den begehrtesten Gewächsen der Welt gehören. Es gibt übrigens auch einen Egon Müller V, der derzeit erwachsen wird. Schon allein an der konsequenten Weitergabe des Namens kann man erkennen, welchen Stellenwert Tradition bei Egon Müller hat.

2. Was ist das Besondere an den Weinen von Egon Müller?

Es ist schon eine echte Seltenheit, ein Weingut zu finden, nach dessen Gewächsen die Welt sich derart die Finger leckt – und die im eigenen Land nur den echten Weinkennern etwas sagen. International hat man längst erkannt, dass vor allem die edelsüßen Prädikatsweine von Egon Müller eine sagenhaft hohe und langlebige Qualität haben. In Deutschland bevorzugt man aber nach wie vor lieber trockene Weißweine. Und eh! Diese furchtbar altbackenen Etiketten! Und dann auch noch Saar statt Mosel! Wer sich da nicht ein wenig auskennt, der wird den großartigen Genussschatz gar nicht erst entdecken.

Mal ganz davon abgesehen, dass es nicht eben zur deutschen Mentalität gehört, viel Geld für einen Wein ausgeben zu wollen. Doch die Weine, die auf dem Scharzhof in konsequent akribischer Handarbeit entstehen, haben nun einmal ihren Preis – und dieser geht am Mainstream eben konsequent vorbei. Ein Glück für alle Kenner, denn schließlich produziert das Weingut nur 80.000 Flaschen jährlich. Einige davon sind bereits ausverkauft, bevor sie überhaupt auf den Markt kommen. Womit wir bei einer weiteren Besonderheit wären. Denn Egon Müller IV. vinifiziert seine Gewächse nicht nach Schema F. Er bringt sie nicht nach so und so viel Monaten auf den Markt, sondern erst dann, wenn sie für ihn „genussfertig“ schmecken. So kann es vorkommen, dass ein Jahrgang noch lange Zeit im Weinkeller ruht, während man den Nachfolger bereits kaufen kann.

3. Wie kam es dazu, dass der teuerste Wein Deutschlands von Egon Müller stammt?

Seit September 2015 ist der Name Egon Müller in Sachen Wein auch in Deutschland bekannter geworden. Damals beherrschte er in seinem Heimatland mal kurz die Presse. Was geschehen war? Seine Scharzhofberger Riesling Trockenbeerenauslese 2003 kam während der jährlichen Versteigerung des VDP (Verband Deutscher Prädikatsweingüter) zum sagenhaften Preis von 12.000 Euro unter den Hammer. Pro Flasche. Zuzüglich 5% Auktionsgebühr und 19% Mehrwertsteuer. Womit eine 0,75l Flasche dann tatsächlich sage und schreibe 14.994 Euro kostete! Innerhalb von Minuten avancierte diese Trockenbeerenauslese so zum teuersten deutschen Wein aller Zeiten. Und das war selbst im Heimatland des Gewächses dann die ein oder andere Schlagzeile wert.

Die Trockenbeerenauslese hätte übrigens noch teurer werden können. Egon Müller IV. gab 18 Flaschen für die Auktion frei. Als er merkte, wie schnell die Gebote stiegen, stellte er bei dem Bietpreis von 12.000 Euro vier weitere Flaschen zur Verfügung, um so den Preis zu deckeln. Ein übliches Vorgehen – wenn auch nicht bei solch hoher Summe. Die edelsüßen Weine von Egon Müller erbringen per se sehr hohe Gebote bei Auktionen. Solch eine Höhe war und ist bis jetzt aber tatsächlich einmalig.

4. Warum ist die Lage Scharzhofberger so berühmt?

4. Warum ist die Lage Scharzhofberger so berühmt?

Spätestens seit dieser legendären Auktion im Jahr 2015 kennen auch viele deutsche Weinliebhaber den vom VDP als Große Lage klassifizierten Scharzhofberger in Wiltingen. Sie ist die berühmteste Einzellage in Deutschland und vor allem für extrem hochwertige Rieslinge bekannt. Scharzhofberger zeichnet sich besonders durch ihren einzigartigen Boden aus. Nirgends an Mosel-Saar-Ruwer ist der graue und rötliche Schiefer so verwittert wie hier. Der Gesteinsanteil liegt bei hohen 70%. Die Feinerde ist tonig-schluffig mit krümeliger Struktur – die rötliche Farbe des Schiefers basiert auf den Einschluss von Eisen.

Die Lage Scharzhofberger liegt ruhig wie ein bewaldeter Tafelberg östlich von Wiltingen in einem windoffenen Quertal der Saar. Ihre Hänge sind nach Süden und Südosten ausgerichtet, im Westen auch etwas nach Südwesten. Die Hänge sind mit 30 bis 60% sanft bis steil und liegen zwischen 190 und 310 Metern Seehöhe. Die Lage ist 28 Hektar groß. Das Mikroklima ist durch den Wind eher kühl mit zum Teil großen Temperaturschwankungen – was besonders die Herstellung feinfruchtige Weine begünstigt. Im Zentrum der Lage existiert eine wärmespeichernde Mulde. Der bewaldete Bergrücken sichert die Wasserversorgung. Vor allem Riesling läuft bei diesen Terroir-Bedingungen zur absoluten Hochform auf.

5. Bewirtschaftet Egon Müller auch andere Lagen?

Die Große Lage Scharzhofberger ist ohne Wenn und Aber das Herzstück für die legendären Gewächse von Egon Müller. Alle Wein-Ikonen des Weinguts stammen ausnahmslos von hier. Doch neben den sieben Hektar im Scharzhofberger bewirtschaftet Egon Müller IV. in Wiltingen auch noch weitere 6,5 Hektar im Kupp sowie in der Braune Kupp. Auch hier gibt es eine Besonderheit, denn beide sind ebenfalls als Große Lagen vom VDP klassifiziert. Die Gewächse, die hier entstehen, gehören zwar auch zur deutschen Qualitätsspitze, sind aber nicht ganz so berühmt wie ihre Brüder aus dem Scharzhofberger. Fun Fact: Obwohl die gesamte Rebfläche von Egon Müller zu den Großen Lagen des VDP gehören, vinifiziert er kein einziges Großes Gewächs. Denn diese müssen ja komplett trocken sein. Die Rieslinge von Müller brillieren aber alle mit einer gewissen Restsüße.

6. Gibt es bei Egon Müller neben Riesling noch andere Rebsorten?

Noch der Vater von Egon Müller IV. baute neben Riesling weitere weiße Trauben wie etwa Müller-Thurgau an. Und zwar aus rein pragmatischen Gründen. In den 1950er- bis weit in die 1980er-Jahre hinein war es an der Saar keine Selbstverständlichkeit, dass Riesling zuverlässig ausreifte. Um quasi eine wirtschaftliche Absicherung für besonders kühle Jahre zu haben, waren andere Rebsorten zwingend notwendig. Als Egon Müller IV. im Jahr 1991 den Betrieb übernahm, riss er sukzessive alle anderen Rebsorten heraus und pflanzte ausschließlich Riesling nach. Inzwischen sind alle Rebflächen zu 100% mit Riesling bestockt.

7. Produziert Egon Müller ausschließlich edelsüße Weine?

Es sind ohne Frage die edelsüßen Prädikatsweine wie Auslese, Beerenauslese und natürlich Trockenbeerenauslese, die das Weingut Egon Müller – Scharzhof berühmt gemacht haben. Diese Gewächse brillieren mit einer unglaublichen Langlebigkeit sowie einer tiefen Komplexität. Selbiges gilt aber auch für die anderen Prädikatsweine. Kein Wunder, dass also auch Kabinett, Spätlese und Auslese aus der Lage Scharzhofberger eine große Fangemeinde haben – und dementsprechend teuer sind. Nicht edelsüß, aber trotzdem zu den deutschen Prädikatsweinen gehörend, ist der Eiswein von Egon Müller. Auch dieses Gewächs ist eine kleine Legende und für die Ewigkeit bestimmt. Müller produziert aber auch einen einfacheren Riesling Qualitätswein aus seinen Junganlagen.

8. Wie vinifiziert man bei Egon Müller die Weine?

Wer einmal die Ehre hatte, den Keller vom Weingut Egon Müller – Scharzhof besichtigen zu dürfen, der staunt nicht schlecht. Denn statt Hightech und modernstes Equipment findet man hier nur traditionelle Gerätschaften. Denn wer so der Tradition verpflichtet ist wie Egon Müller IV, der konzentriert sich auch bei der Vinifikation ausschließlich auf das Wesentliche. Moderne Kellermanipulationen, um die Weine in eine bestimmte Richtung zu beeinflussen, finden hier schlichtweg nicht statt. Zudem legt Müller nicht nur bei der Bewirtschaftung seiner Rebflächen, sondern eben auch im Weinkeller großen Wert auf Handarbeit. So ermöglicht er es, dass jedes Gewächs seinen höchst eigenen Charakter voll entfalten darf.

9. Ist Egon Müller ausschließlich VDP-Mitglied?

Müller prangt. Das Weingut ist eines der wichtigsten Mitglieder des Verbandes. Doch Egon Müller wurde zudem auch noch in den erlauchten Kreis der Primum Familiae Vini (Erste Familien des Weins) aufgenommen. Diese Vereinigung wurde 1993 von Miguel Torres und Robert Drouhin mit dem Ziel gegründet, dass sich die besten Winzer der Welt vernetzen und austauschen können. Und zwar ausschließlich Winzer eines familiengeführten Weinguts! Primum Familiae Vini hat lediglich 12 Mitglieder. Neben Torres und Drouhin gehören unter anderem Château Mouton-Rothschild, Antinori, Vega Sicilia oder Champagne Pol Roger dazu. Das Weingut Egon Müller – Scharzhof ist das einzige deutsche Mitglied.

10. Kann man sich auch als Normalsterblicher Weine von Egon Müller leisten?

12.000 Euro für eine Trockenbeerenauslese, 3.300 Euro für einen Eiswein – nur wenige Menschen können sich solche Tarife für einen Wein leisten. Selbst ein Scharzhofberger Riesling Kabinett kostet deutlich über 100 Euro. Und das ist dann ja nur der Einstieg in die Welt der deutschen Prädikatsweine! Eine Investition lohnt sich hier allemal – Ihr Gaumen wird Ihnen dafür auf Ewig dankbar sein. Wobei man den typischen Müller-Stil nicht nur mit den Prädikatsrieslingen aus dem Scharzhofberger entdecken kann. Der Riesling Kabinett aus der Wiltlinger Braune Kupp kostet zum Beispiel etwas unter 60 Euro – und ist auch ein großer Genuss.

Wenn es aber trotzdem unbedingt ein Gewächs aus dem legendären Scharzhofberger sein soll, dann lohnt sich ein Blick auf den Riesling Qualitätswein. Den bekommen Sie im aktuellen Jahrgang sogar für unter 50 Euro bei uns. Um die Weine von Egon Müller kennenzulernen, muss man also nicht gleich sein Konto plündern. Wobei wir jeden nur allzu gut verstehen, der es trotzdem tut.

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