Talking Wine with …

Talking Wine with …

Romana Echensperger, Master of Wine, Weinjournalistin, Buchautorin, Wein-Dozentin.

In unserer Interviewreihe Talking Wine mit ... sprechen wir mit prominenten Experten aus der internationalen Wein- und Gastronomieszene sowie privaten Weinliebhabern über ihre vinophile Passion.

Wir sind sehr stolz, dass wir Romana Echensperger für ein Interview gewinnen konnten. Nach ihrem Abschluss als Weinfachberaterin, machte sich Romana Echensperger als Chef-Sommelière in Spitzenrestaurants schnell einen Namen in der internationalen Weinbranche. 2010 begann ihr Weg zur Master of Wine. Diesen Titel darf sie seit 2015 als einer von gut 400 Menschen auf der Welt tragen.

Romana Echensperger MW ist eine gefragte Weindozentin und Journalistin. Zudem sorgte sie 2020 mit „Von der Freiheit, den richtigen Wein zu machen“, ihrem Buch über biodynamisch arbeitende Winzer, für Furore.

Mit Best of Wines spricht Romana Echensberger MW über ihren Weg zur Master of Wine, ihr Leben als Weinexpertin sowie über ihr Biodynamie-Buch.

 

Winepass Romana Echensperger MW

Lieblingsproduzent: Claire Villars-Lurton von Haut Bages Libéral (Pauillac)

Lieblingsweinregion: Bordeaux

Bevorzugte Musik zum Weintrinken: Alles, was Pianist Alfred Brendel eingespielt hat.

Favoriten von Best of Wines stocklist: Craggy Range. Ich liebe unter anderem neuseeländische Weine. Die Weine von Craggy Range sind immer großartig.

ROMANA ECHENSPERGER

Viele Weinexperten bilden sich kontinuierlich fachlich fort - aber nur wenige wagen es, den sehr komplexen Weg zum Master of Wine zu gehen. Warum hast du dich für eine der schwierigsten Herausforderungen in der Weinwelt entschieden?

Ich war immer etwas neidisch auf Menschen, die an internationalen Universitäten studiert haben. Meine Eltern sind keine Akademiker. Als ich damals auf das Gymnasium hätte gehen können, hieß es: „Du heiratest eh und dann kannst Du die Knödel lateinisch ins Wasser drehen.“ – Wir sind aus Bayern. Das war halt so. Mit dem Master of Wine konnte ich mir einen Traum erfüllen.

Als Sommelière hättest du doch auch die Möglichkeit gehabt, Master Sommelier zu werden, oder? Warum hast du diesen Weg nicht eingeschlagen?

Mir war klar, dass ich auf Dauer nicht in der Gastronomie bleiben möchte. Daher war für mich das Programm des MW verlockender, mit Schwerpunkt auf Weinbau, Kellertechnik und Marketing.

2010 konntest du dich beim Institute of Masters of Wine (IMW) einschreiben. Wie hat sich dein Alltag dadurch verändert?

Man spürt auf einmal den Druck. Jeden Tag entdeckt man eine neue Wissenslücke und die vielen Blind-Tastings sind sehr demütigend. Da denkt man – wow – das ist jetzt aber 100% ein Sancerre - und dann ist es ein Chardonnay aus was weiß ich woher. An manchen Tagen verkostet man besser, an anderen schlechter. Das muss man erst einmal aushalten.

War es schwierig, von Deutsch direkt auf Englisch zu switchen?

Das war sehr schwierig. Ich hatte nur ein einfaches Realschul-Englisch. Am Anfang hing ich mit Dictionary da und habe jedes 3 – 4 Wort nachgeschlagen. Dann kamen die Kurstage in London mit einigen etwas älteren englischen Masters of Wine. Die sprachen so ein „Shakespeare-English“ – so, als würde gleich Hamlet um die Ecke kommen... Aber neben mir saßen ein paar Franzosen, die kuckten genauso dämlich aus der Wäsche wie ich – das hat einem wieder Mut gemacht.

Was waren für dich am Anfang die größten Herausforderungen?

Sich die Informationen zu beschaffen. Es ist ein Selbststudium – man bekommt einen groben Fahrplan, aber den Rest muss man sich selber organisieren.

Theorie oder Praxis - was war für dich schwieriger?

Am schwierigsten war das Research Paper mit Statistik und so weiter. Da hatte ich 0 Erfahrung. Das war der schwierigste Teil für mich. Alles andere habe ich fix bestanden.

Wie viel kostet eigentlich die Ausbildung zum Master of Wine? Und wie hast du dich finanziert?

Wie viel kostet eigentlich die Ausbildung zum Master of Wine? Und wie hast du dich finanziert?

Heute würde ich das zwischen 50.000 und 60.000 Euro schätzen. Das Teure sind nicht unbedingt die Kursgebühren. Das, was ins Geld geht, sind die Reisen, die Weine die man sich für die Blind-Tastings selber besorgen sollte, die unzähligen Bücher. Wenn man es macht, dann sollten einem ein paar Tausend Euro mehr oder weniger egal sein.
Ich hatte mir was gespart und habe dann nebenbei schon angefangen, selbständig zu arbeiten. Dazu habe ich meinen Lebensstandard runtergeschraubt. Das war auch mal gut.

Wie viele Stunden hast du in der Woche so gelernt?

Im ersten Jahr hatte ich mir komplett freigenommen. So habe ich sofort die Theorieprüfung bestanden – trotz anfangs schlechtem Englisch. Da habe ich jeden Tag ca. 8 Stunden gepaukt, Essays geschrieben oder bin auf Weingütern gewesen.

Wie können wir uns die finalen Prüfungen vorstellen?

Wie die Teilnahme bei Olympischen Spielen. Man bereitet sich ewig vor und dann will man auch, dass es los geht. Die Prüfungen sind Hochleistungssport. An 3 Vormittagen verkostet man 12 Weine blind, zu denen man viele Fragen beantworten muss. Nach einer kurzen Pause geht es an 4 Nachmittagen zum Theorieteil. Essays schreiben in Sachen Weinbau, Kellertechnik, Business of Wine und Contemporary Issues. 4 Tage am Stück ist man extrem unter Druck. Danach fällt ein Stein von einem ab. Ich kann mich erinnern - wir waren zum Abschluss ein Bier trinken und nach einem Glas Bier war ich so betrunken, als hätte ich eine Flasche Wodka getrunken. Kurzum: Es ist eine unglaubliche Erfahrung, diese Prüfung zu schreiben.

Kannst du dich noch an den Moment erinnern, als du erfahren hast, dass du bestanden hast?

Ja – absolut. Ich war bei meiner Großmutter zu Besuch, die bei München wohnte. Die Ergebnisse werden an einem bestimmten Tag bekanntgegeben. Wenn man durchgefallen ist, bekommt man eine E-Mail – wenn man bestanden hat, wird man angerufen. So hängt man ab 7 Uhr morgens am Smartphone und ruft wie eine Verrückte alle 5 Sekunden seine E-Mails ab. Um 7.55 Uhr kam dann der Anruf – Vorwahl UK – da wusste ich, ich habe bestanden. Dann nimmt man ab und eine „very British“ Stimme sagt „On behalf of the Institute of Masters of Wine....“ Das war wirklich super. Danach haben wir gefeiert. Ich war wie gesagt bei meiner Großmutter, die nichts mit Wein am Hut hat. Ich bin abergläubisch und wollte jetzt nicht vorsorglich was Besonderes in den Kühlschrank stellen – also stießen wir mit Rotkäppchen Sekt an. Den hatte sie zum 80. Geburtstag geschenkt bekommen. Egal – der beste Tropfen ever!

Wie sehr hat sich dein Leben 2015 nach dem Bestehen der Prüfung geändert?

Sehr. Ich kann mich in Sachen Selbständigkeit in der Weinbranche sehr gut verwirklichen. Es kamen tolle neue Kunden dazu. Ich bin mittlerweile im Tasting-Team der Lufthansa zum Beispiel. Ich habe jetzt zwei Kinder und kann sehr gut Arbeit und Familie verbinden. Das ist wirklich ein großes Geschenk.

Inzwischen bist du eine sehr gefragte Weinexpertin. Was sind deine Schwerpunkte?

Deutschland, Frankreich und vor allem das Thema Nachhaltigkeit. Ich beschäftige mich mit pilzwiderstandsfähigen Rebsorten – da tut sich sehr viel. Dann natürlich biodynamischer Weinbau, mit dem ich mich seit über 15 Jahren intensiv beschäftige.

Und dann hast du 2020 auch noch ein Buch über biodynamischen Weinbau geschrieben ...

Da war mir wichtig aufzuzeigen, was das Moderne an über 100 Jahre alten und vermeintlich esoterischen Ideen ist. Ich habe mich im Zuge dessen äußerst intensiv mit Agrarhistorie beschäftigt – das ist so spannend wie einen Krimi lesen. Die Frage, warum sich die Agrarchemie als Hegemonialwissenschaft in der Agrarwissenschaft durchgesetzt hat, ist erhellend. Überhaupt die Düngerfrage und hier im speziellen der künstliche Stickstoff mit zwei Funktionen. Er wird einmal als Kunstdünger in der Landwirtschaft eingesetzt und dient gleichzeitig als Rohstoff für die Kriegswirtschaft. Wer jemanden erschießen will, braucht Stickstoff. Wie sähe also die Landwirtschaft heute aus, wenn es nicht zwei Weltkriege gegeben hätte? Diese Zusammenhänge sich einmal vor Augen zu führen, ist sehr spannend. Die Ansätze in der Biodynamie füllen eine große Lücke, die die Agrarwissenschaften, die leider nicht unabhängig von der Industrie wirken, gerissen haben.

Was war dir bei der Auswahl der Weingüter für dein Buch wichtig?

Ich wollte unterschiedlichste Betriebsformate zeigen. Kleine und sehr große Betriebe mit seit Jahrhunderten berühmten Lagen und welche, die irgendwo im Outback Weine erzeugen. Ich wollte unterschiedlichste Rebsorten und Weinstile zeigen.

Hast du schon ein neues Buch-Projekt in der Pipeline?

Ideen hätte ich viele – allein die Zeit fehlt mir.

Bei deiner Expertise müssen wir einfach fragen: Welche Art von Weinen trinkst du privat am liebsten?

Das wechselt ständig. Ich mag sehr gerne Schaumweine – von Champagner über Sekt bis Trento DOC. Dann liebe ich Rotweine. Ich liebe Bordeaux. Bei Pauillac drehe ich durch. Kalifornien mag ich sehr gerne. Dann verehre ich Portwein. Natürlich trinke ich gerne deutschen Riesling, ab und zu darf es auch was aus dem Burgund sein, ich bin der größte Fan von Silvaner, also die Liste könnte ich noch ein paar Seiten weiterschreiben.

Als Master of Wine hast du ja schon so ziemlich alles probiert. Hast du trotzdem noch einen Wein auf deiner Bucketlist?

Die allererste, jemals erzeugte Liebfraumilch. Erfunden von der jüdischen Weinhändler-Familie Sichel in Mainz. Die erste Liebfraumilch war Jahrgang 1921 – der beste Jahrgang des Jahrhunderts. Auf den Markt gebracht mit dem Slogan „A wine that goes with any dish.“ Damals teurer verkauft als Château Margaux und Konsorten. Das würde mich interessieren.

Was war eigentlich das beste Food-Wine-Pairing, dass du bis jetzt genossen hast?

Ein edelsüßer Riesling aus dem Jahrgang 1911 mit Gillardeau Austern – das sind sowieso die besten Austern für mich. Die sind so groß wie ein Kotelett und schmecken so ausgewogen und fein. Das war bei einem Tasting im Restaurant Vendôme, das ich als Sommelière begleiten durfte. Die Austern haben den morbiden Wein zum Leben erweckt – das war eine unglaubliche Wechselwirkung.

Und zu guter Letzt: Hast du noch eine Weinbar-Empfehlung für uns?

Meine Kinder sind 3 und 5 Jahre alt – im Moment komme ich leider nicht mehr so vor die Tür – da müsstet ihr jemanden anderes fragen.

Ein edelsüßer Riesling aus dem Jahrgang 1911 mit Gillardeau Austern – das sind sowieso die besten Austern für mich. Die sind so groß wie ein Kotelett und schmecken so ausgewogen und fein. Das war bei einem Tasting im Restaurant Vendôme, das ich als Sommelière begleiten durfte. Die Austern haben den morbiden Wein zum Leben erweckt – das war eine unglaubliche Wechselwirkung.

Und zu guter Letzt: Hast du noch eine Weinbar-Empfehlung für uns?

Meine Kinder sind 3 und 5 Jahre alt – im Moment komme ich leider nicht mehr so vor die Tür – da müsstet ihr jemanden anderes fragen.

Brora: die Auferstehung
 

Brora: die Auferstehung

Blog besuchen
Klassifizierung deutscher Weine: Prädikatsweine
 

Klassifizierung deutscher Weine: Prädikatsweine

Blog besuchen
Springbank und Glengyle, eine Geschichte von
 

Springbank und Glengyle, eine Geschichte von

Blog besuchen
Zu Favoriten hinzugefügt